Freitag, 22. Juli 2011

Missing!

Der Jörch hat angemerkt, dass die Einträge auf dem Blog doch momentan eher depressiven Stimmungen entspringen. Nun, da hat er wohl recht. Jetzt hab ich die Woche rumgegrübelt, ob ich denn was positives schreiben könne. Viel ist mir da leider nicht eingefallen, das muß ich zugeben. Ich vermisse derzeit so viel, dass es mich manchmal zerreißt und ich einfach laut schreien möchte.

Ich vermisse den Wald und das Laufen.
Ich vermisse es am See Schorle zu trinken und beim Griech Peperoni mit Knoblauch zu genießen.
Ich vermisse es schwimmen zu gehen.
Ich vermisse meine Wohnung.
Ich vermisse das Autofahren.
Ich vermisse das Büro und die Menschen da.
Ich vermisse das Leben, das draußen einfach weiter läuft, ohne mich, denn ich kann nicht dran teilnehmen.
Ich vermisse die Oase.
Ich vermisse es, shoppen gehen zu können. Oder zum Friseur. Oder einfach Lebensmittel.
Ich vermisse es, einfach hingehen zu können wo ich will.

Ich habe noch 7 Wochen vor mir. 7 Wochen!! Natürlich geht es mir soweit gut, ich kann mich nicht beklagen, alles kümmert sich ganz lieb um mich. Trotzdem kann niemand das ersetzen, was mir am meisten fehlt - die Freiheit dass zu tun, was ich möchte.

Donnerstag, 14. Juli 2011

It's magic!

Wenn es doch nur so einfach wäre!

The magic button — Make Everything OK

Dienstag, 12. Juli 2011

Neue Blickwinkel

Seit Samstag residiere ich ja nun im Patientenhotel, es ist so ein Zwischending zwischen Krankenhaus und Hotel - das Zimmer ist schon wie ein normales Hotelzimmer eingerichtet, das Bad ist allerdings komplett behindertengerecht. Ab Nachmittag ist eine Krankenschwester da für die Fraxiparin-Spritze (Thromboseprophylaxe), ich muß mir die Teile also noch nicht selbst in den Bauch jagen. Über Nacht wacht ein Sanitäter über meinen engelsgleichen Schlaf.

Der Umzug war schon spannend, nochmal liegend im Krankenwagen, witzigerweise mit dem gleichen Sanitäter, der mich zwei Wochen zuvor im Park eingesammelt hat.

Das Hotel ist in der Nähe eines Parks, und so begab es sich, dass ich am Sonntag Nachmittag meinen ersten Ausflug im Rolli machen konnte. So schön! Endlich mal wieder draußen, länger als ein paar Minuten so richtig draußen unter freiem Himmel.

Aufregend ist es im Rollstuhl geschoben zu werden. Wie hoch doch Bürgersteige sind! Wie holprig sind die Straßen, unglaublich. Auch ein "ach, das Auto schaffen wir noch" gibt es da nicht. Und wenns abschüssig wird, bekomm ich sogar richtig Angst. Und die Blicke von den Leuten. Mitleid kann ich lesen, aber auch ganz viel Neugier und auch Abscheu. Kein Wunder, wie die aussieht, dass die im Rollstuhl sitzen muss. Was die wohl hat? Der Typ, der sie rumfährt, kriegt doch hoffentlich Geld dafür. Die Arme, bei dem Wetter ist das sicher schlimm.

Was ich in den letzten beiden Wochen schon an neuen Blickwinkeln gelernt hab explodiert manchmal in meinem Kopf. Was da noch so alles auf mich zukommt, darüber denk ich besser nicht zu viel nach. Kopf hoch, Brust raus und gerade sitzen und die Blicke erwidern. Vielleicht hat ja mal jemand den Mut zu fragen, ich werde gern antworten.

Freitag, 8. Juli 2011

Der Vorhang fällt

Zumindest zum 1. Akt meiner Genesung. Das Kapitel Krankenhaus schließe ich morgen erst mal - hoffentlich für länger - ab. Ich werde entlassen in die Freiheit, die eigentlich keine ist, aber doch ein bißchen mehr als jetzt. Ich gehe nicht nach Hause, wie auch, ich gehe in sogenanntes Patientenhotel. In anderen Ländern ist dieses Prinzip bereits sehr populär, Deutschland hinkt hier - wie in vielen sozialen Aspekten - etwas hinterher. In einem solchen Hotel werden Menschen betreut, die zu gesund für das Krankenhaus sind, aber sich daheim alleine nicht versorgen können und das auch nicht durch Angehörige sicherstellen können. Passt also wie die Faust aufs Auge - ich komme daheim nicht mit dem Rolli ins Badezimmer und mit meinem Bock bin ich noch nicht sicher genug.
Ich hab mich hier schon gut aufgehoben gefühlt, und ich gehe mit etwas Mut und auch viel Angst, denn ganz so einfach wird das in dem Hotel nicht sein, einfach mal klingeln und es kommt jemand. Ich muß ein Stück mehr selbständig werden. Das ist gut, ja, aber es macht mir auch Angst. Und neugierig bin ich auch. Also mal wieder ein Wechselbad der Gefühle, welches ich in den letzten 2 Wochen schon so oft erfahren durfte.
Ich bin gespannt. Morgen dann erste Eindrücke vom Hotel.
Alles wird gut.

Donnerstag, 7. Juli 2011

Auf und ab und auf und ab und auf und ab und auf

So ungefähr war mein Tag heute. Der Morgen schön, ich konnte das Zimmer verlassen und mit dem Rolli eine Runde Park angucken. Die Sonne und die Wärme auf meinem Körper spüren. In den Himmel sehen, ohne eine Glasscheibe dazwischen. Luft atmen, die nicht nach Krankenhaus riecht. Und wenn es nur für 30 Minuten war.
Mein Körper kämpft. Und ich hoffe so sehr, dass mein Geist auch damit anfängt. Heute hat mich meine Psyche im Stich gelassen. Sie wollte einfach nicht. Sie wollte weinen, und ich gehorchte. Ich weiß nicht, wie viel ungezählte Tränen heute liefen. Grundlos, zumindest bis zum Nachmittag. Dann gab ich meinen Tränen einen Grund.
Ich habe meinen Fuß belastet. Ich habe das Gleichgewicht verloren und meinen Fuß belastet. Es schmerzte. Und die Synapsen in meinem Hirn kannten nur noch ein Signal. Ich habe meinen Fuß belastet. Ich werde nie wieder laufen können. Ich habe meinen Fuß belastet. Nein. Das geht nicht. Das kann nicht sein. Was ist jetzt? Operation? Vorbei?
Also. Gleich eine Ameldung zum Röntgen. Direkt. Warten. Erst mal aufs Röntgen. Dann auf irgendjemand, der mir was sagt. Positiv oder negativ. Egal. Ich will es wissen. Tränen. Verzweiflung. Angst. Panik.
Zwischendrin Überraschungsbesuch, meine beste Freundin, dann wieder Tränen und Verzweiflung.

Die Entwarnung kam vor ein paar Minuten. Es ist alles in Ordnung. Es ist nichts passiert. Alles in Ordnung. Alles in Ordnung. Es braucht noch, bis das in meinem Hirn ankommt. Ich traue mich nicht, es zu glauben. Ich traue mich auch nicht mehr aufzustehen. Aber ich muß. Jetzt gleich.

Wie nah doch alles bei einander liegt. Liebe, Schmerz, Leid, Angst, Panik, Erleichterung, Freude, Herzklopfen. Alles in kürzester Zeit. Achterbahn. Ich hasse Achterbahnen.

Mittwoch, 6. Juli 2011

Mittwoch.

Heute ist Mittwoch, seit 1,5 Wochen lieg ich nun hier. Ich habe heute keinen wirklich guten Tag. Sehnsucht, die so schmerzt und mir ständig die Tränen in die Augen treibt. Mailbox. Warten. Angst.

Die Hilflosigkeit, hier im Bett zu liegen und nach gestern zu realisieren, dass ich in den nächsten Wochen nicht mal 500 Meter werde laufen können. Die Einsamkeit, die trotz Besuch jeden Tag erbarmungslos zuschlägt. Vor allem, wenn liebe Menschen, die zu Besuch kommen, einfach gehen können. Und ich muß hierbleiben. Wie gern würde ich jetzt einfach mal nach draußen gehen, mir den Park ansehen, auf einer Bank sitzen und ein bißchen in den Himmel schauen.
Den Himmel sehe ich, aber es ist immer eine Fensterscheibe dazwischen. Ich möchte den Wind in meinem Gesicht spüren, die Sonne, das Leben.

Aber nein. Noch neun lange Wochen mit meinem schicken Schienenschuh. Und was danach ist, das weiß niemand.
Ich habe keine körperlichen Schmerzen, nein. Der Knöchel tut nicht weh, auch die Wunde nicht.
Aber die seelischen Wunden, die schmerzen. Manchmal so sehr, dass ich denke, ich halte es nicht mehr aus. Die kann man nicht operieren, leider. Was würde ich geben.

Dienstag, 5. Juli 2011

20 Meter.

Heute habe ich gelernt, wie weit eine Entfernung von 20 Metern sein kann. Das sind für gesunde Menschen ein paar Schritte, eine Entfernung, über die man nicht mal richtig nachdenkt.
Ich muß diese Entfernung jetzt planen. Kann ich sie bewältigen? Gibt es zwischendurch die Möglichkeit, mich zu setzen? Heute habe mit Hilfe des Physiotherapeuten und des Gehbocks diese 20 Meter überwunden. Raus aus meinem Zimmer und ein Stück bis zum Schwesternzimmer. Und auch wieder zurück. Zwischendurch kurz anhalten, den kaputten Fuß leicht aufsetzen und die Muskeln entlasten. Da sind sie, die Muskeln, ich spüre sie eindeutig. Und dann wieder zurück in mein Zimmer, ins Bett.
Was soll ich sagen? Es kam mir vor wie ein 10-km-Lauf. Was ich noch Kraft bekommen muß im gesunden Bein, damit es mich stützen kann und auch im kranken Bein, damit ich es hochhalten kann. Und in den Armen, damit sie mich halten können.

Aber nur eines ist wichtig. Die Ärtze sagen, dass ich wieder laufen werden kann. Es wird eine ganze Zeit dauern, aber es wird wieder. Es gibt Momente, da kann ich es glauben und hoffen. Aber es gibt auch Momente, da breche ich in Tränen aus vor Angst, nie wieder mobil sein zu können. Die Angst ist das vorherrschende Gefühl, welches mich über den Tag begleitet. Neben dem Warten und der Langeweile.

Eine von 10 Wochen ist schon rum. Mal sehen, was mich das Leben in den nächsten 9 Wochen noch lehrt. Und was danach kommt. Drückt mir die Daumen.

Samstag, 2. Juli 2011

Die Würde des Menschen ist unantastbar

So steht es im Grundgesetz.

Das mag gelten für das normale Leben. Hier zumindest kannst du dich wehren. Sobald du aber ein Handicap hast, hebelt sich dieses Grundrecht automatisch aus.
Ist ja sicherlich inzwischen bekannt, dass ich mir den Knöchel zertrümmert und das Wadenbein gebrochen habe und daher
seit einer Woche im Krankenhaus liege. "Keine Belastung auf dem Knöchel, für die nächsten 10 Wochen" sagt der behandelnde Arzt. Und so in einem Satz zerstört er etwas in dem Menschen, den er gerade zuvor zusammengeflickt hat. Denn er meint wirklich null Belastung, allein das kurze ablegeen auf den Boden ist erlaubt.

Plötzlich bist Du nicht mehr unabhängig. Bist angewiesen auf die Hilfe anderer Menschen. Und wie sehr, das lernst Du jeden Tag wieder aufs Neue. Es ist dir peinlich, um Hilfe zu bitten. Und du brichst in Tränen aus, wenn Dir gesagt wird, dass du nach 4 langen Tagen endlich duschen darfst. Jemand hat Zeit für dich. Weil du dich nicht alleine duschen und anziehen kannst. Weil du alleine das Bett nicht verlassen darfst und auch nicht kannst. Jeder Gang auf die Toilette ist eine Qual. Aber nichts trinken die schlechtere Option. Die meiste Zeit besteht aus Warten. Bis ein Arzt kommt, bis Besuch kommt, bis die Schwester kommt, bis endlich der Film im Fernsehen anfängt, bis jemand anruft, bis endlich die Schlaftabletten wirken und du einen weiteren Tag abhaken kannst. Am nächsten Morgen beginnt das Spiel von Neuem.

Das letzte Stück Würde wird dir im Krankenhaus genommen. Komplett. Wenn du nicht mehr laufen kannst, bist du hilflos. Wie sehr, das habe ich gelernt. In den Spiegel kann ich momentan nicht schauen.

Die Würde des Menschen ist eben nicht unantastbar.